Ausstellung "Made in Balmoral"

Künstlerhaus Schloss Balmoral
 
Balmoral informiert
 
Ausstellung im »Made in Balmoral«
bis 28. Februar 2021
 
Sonya Schönberger »Briefmarken DDR«
 
Wir freuen uns sehr, mit »Briefmarken DDR« die aktuelle Ausstellung im »Made in Balmoral« zu präsentieren und laden Sie herzlich ein, in der Römerstraße 27 in Bad Ems vorbeizuschauen. 
 
Im Rahmen des KUR(ona)-Stipendiums des Künstlerhauses Schloss Balmoral zeigt Sonya Schönberger ihre neueste Arbeit »Briefmarken DDR«. Im Kunstraum »Made in Balmoral« sind feine Tücher ausgelegt, auf welche ausgewählte DDR-Briefmarkenmotive aus einer unbekannten Sammlung vergrößert gedruckt sind. Das Album mit Briefmarken hat die Künstlerin auf einem Flohmarkt gefunden. Eine Briefmarkensammlung scheint mittlerweile ein Relikt aus der Vergangenheit zu sein, ist aber zugleich auch Ausdruck des humanhistorisch bewiesenen Sammelfaibles des Menschen. Sie stellt sich in eine Reihe mit Museen, Bibliotheken, wissenschaftlichen Archiven und abertausenden von privaten Sammlungen von unterschiedlichsten Artefakten und Naturobjekten, die aus dieser Leidenschaft entstanden sind. Das Sammeln beschreibt Denise Wilde als „eine kulturelle Praxis, mit der Kommunikation von Wissen einhergeht“. Diese kulturelle Praxis ist ein wichtiger Teil der künstlerischen Methode von Sonya Schönberger, die neben ihrem Kunststudium außerdem Ethnologie und Philosophie an der Freien Universität Berlin und Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität zu Berlin studierte. Ihre künstlerischen Arbeiten lassen sichnicht auf ein Medium reduzieren; mit allen ihr zugänglichen Mitteln reflektiert sie eine Menge von Narrativen über die bewegte Geschichte der letzten 100 Jahre, die sich aus persönlichen Erzählungen und Zeugnissen rekonstruieren lässt. „Jede*r kann dazu beitragen“ – sagt sie. Freilich ist sie auch eine Sammlerin. Sie sammelt u. a. Sammlungen selbst sowie Momente und Brüche in den Biografien und Erzählungen darüber.
 
Die Arbeit »Briefmarken DDR« zeigt auf Stoffbildern eine Auswahl von Briefmarkensujets der DDR. Der Blick der Künstlerin fällt auf Motive, die Schmuckstücke und Artefakte aus Völkerkunde- und historischen Museen der DDR zeigen. Die Objekte werden durch das Design – einfarbiger Hintergrund in passender Kontrastfarbe, serifenlose Beschriftung – hervorgehoben und ästhetisiert. Sie tragen lakonische Beschriftungen, die aus heutiger Sicht viele Fragen aufwerfen: »Bronzekopf aus Afrika«, »Tanzmaske Südsee«, »Frauenkopf, Ton 1. Hälfte des 2.Jt. v.u.Z.«… Die Objekte werden damit des genauen Ortes, der Zeit und der Herkunft bereinigt und beraubt. Damit stellen die Briefmarkenmotive samt den alten Stempeln eine doppelte, dreifache Vergangenheit dar, die Sonya Schönberger in ihrer Arbeit aktualisiert.
 
Durch die Materialität der Tücher, die ebenso an museale Artefakte eines Museums der angewandten Kunst denken lässt sowie durch die Vergrößerung der Motive und der alten Poststempel, öffnet die Künstlerin den Blick auf die sozialistische Geschichtsschreibung und den Umgang mit historischen Objekten. Denn in sozialistischen Ländern des 20. Jahrhunderts galt offiziell die Weltgeschichte vor der Oktoberrevolution als eine überwundene Vergangenheit voller Unterdrückung des Proletariats sowie Ausbeutung im Zuge der Kolonisierung, überwiegend durch die Länder Westeuropas. Das war ein wichtiges Narrativ, das erlaubte, relativ „unschuldig“ mit den Artefakten aus afrikanischen Ländern oder mit archäologischen Objekten umzugehen. Heute, im Kontext der entfachten Diskussionen beispielsweise um das Berliner Schloss und das dort aufgebaute Humboldt Forum im Hinblick auf Provenienzforschung, ohne die keine große Sammlung mehr denkbar ist, haben bestimmte Narrative und Ansätze Konjunktur, während die anderen als ungültig und falsch erklärt werden. Sonya Schönbergers Arbeit macht in den Worten der Künstlerin die 
„Unterdrückung der Geschichtsebenen“ deutlich und wirft Fragen auf über die Mechanismen der Bestimmung der Narrative, über Modi der Geschichtserzählung und natürlich über die Dinge als Zeugen der Vergangenheit.
 
Text: Olga Vostretsova
 
Ausstellungsort: »Made in Balmoral«
 Römerstraße 27, Bad Ems
 Ausstellungsdauer: 15. bis 28. Februar 2021
 
Die Ausstellung ist jederzeit von außen einsehbar.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Ihr Team vom Künstlerhaus Schloss Balmoral
 
Künstlerhaus Schloss Balmoral
Villenpromenade 11
56130 Bad Ems
 
Tel.: +49 (0) 2603 9419-0
Fax: +49 (0) 2603 9419-16
 

Infos

Vom 15.02.21 bis 28.02.21
Bad Ems
Anmeldung nicht nötig